Ich halt' den Kaffee für dich warm. #Kapitel2

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Gale schnappte sich ihr Telefon und rief James an. James ist immer da, wenn etwas schief läuft. "Jetzt beruhig dich erst mal. Ich habe dir schon mal gesagt, du sollst erst kiffen, wenn ich dabei bin. Dich kann man nicht mal 2 Tage alleine lassen.", rief James durchs Telefon. Gale fuhr sich fassungslos durch die Haare. "Ich habe keinerlei Substanzen zu mir genommen. Glaub mir doch, es ist alles weg!". "Ok, ich bin gleich da. Es kommt alles in Ordnung.", beendete James das Gespräch. Gale spürte wie trocken ihre Kehle war. Auf dem Weg zum Wasserhahn in der Küche sah sie auf dem Garderobentisch einen Zettel liegen. Nichts Gutes ahnend änderte sie ihr Vorhaben, wechselte die Richtung und steuerte auf den Zettel zu. Es war Will's Handschrift.

"Gale. Ich musste es tun. Es tut mir leid. Leb wohl."

Das war's? Er verwüstet die Wohnung, packt seine Sachen, hinterlässt Chaos und bringt es zu 3 Sätzen ohne Erklärung? Noch immer glaubte Gale an eine Art Albtraum oder ein Spiel. Als James vor ihrer Tür stand, begriff sie, dass es kein Traum war. "OH.MEIN.GOTT. Wie sieht es denn hier aus?", sichtlich schockiert striff sich James seinen Ledermantel vom Körper und betrachtete das Chaos. "also als Henry und ich unser letztes Apartment bei unserer ersten Nacht verwüstet hatten, ist so einiges zerstört worden aber das hier lässt ja wirklich tief blicken. Naja ich mochte Will ja sowieso nie so besonders. Sei froh, dass du ihn los bist." James' ist Gale's langjähriger bester Freund und hat mit ihr in der Vergangenheit vieles durchgestanden. Als Gale's Mutter starb war James der Einzige, der für sie sorgen konnte. Damals wohnte Gale für einige Monate bei James. Zu Reibereien kam es nie, denn James ist schwul.
"Scherze oder Witzeleien sind jetzt unangebracht James!", fauchte Gale. "Ok, du brauchst jetzt erst mal einen klaren Kopf. Du bist ja völlig von den Socken. Ich mach dir jetzt erst mal meinen Spezialtee und dann checken wir mal die gesamte Sachlage." Für Gale war James' Sachverstand in solchen Lebenslagen ein echter Hauptgewinn. 


Im November, 1 Jahr später sitzt Gale nun in ihrer Küche am Greenwich Park in London, mit der einzigen Tasse, die sie besaß. Seine Tasse.. die bereits angebrochen und nun völlig zerstört war. Diese Tasse, die ihr nun den heißen Kaffee über ihren fliederfarbenen Rock goss. Jetzt hat sie keine Tasse mehr in der Küche. Keinen Will und auch nicht mehr seine Tasse. Keinen Kaffee mehr, den sie warm halten kann. Aber auch nicht bereit, in eine neue Tasse zu investieren. Auf den Tag genau 1 Jahr ist es nun her. Vor einem Jahr ist er gegangen, ohne Erklärung und ohne weiteres Lebenszeichen. Weg, einfach so. In ihr drin sind immer noch all die unbeantworteten Fragen.

Innerhalb des letzten Jahres ist viel passiert. Gale regelte
die Sache mit der Wohnung, zog wieder ein mal für paar Monate zu James. Sie regelte ihre Finanzen, nahm das Geld ihrer Mutter in Anspruch und zog endlich in eine größere Wohnung, in eine schönere Gegend. Das allerbeste, was sie sich an besseren Tagen von Mal zu Mal zusammenkaufte, waren Möbel von Laura Ashley. Damit erfüllte sie sich einen langersehnten Traum. Daran war James nicht ganz unschuldig. James wohnt mit Henry mittlerweile in Edinburgh, da Henry inzwischen als Historiker in Schottland arbeitet. r James war das kein Problem, da er seine Kollektionen für bestimmte Designer von überall aus entwerfen kann. Natürlich brach für Gale damit erneut eine Welt zusammen. Glücklicherweise kam zu diesem Zeitpunkt das Angebot der Wohnung am Greenwich Park gerade recht. Jedenfalls ist die Inneneinrichtung von James und Henry ganz im Sinne von Laura Ashley. Ein Händchen für Stil hatte James schon immer. Gale war von den Möbelstücken begeistert. Nun konnte sie es sich leisten. Eine neue Frisur, ein neuer Kleidungsstil - Alles machte von außen den Anschein, sie hätte sich inzwischen wieder von all den Strapazen der letzten Monate erholt. Eine wunderschön eingerichtete Wohnung ist dabei die halbe Miete. Das, was sich äußerlich verändert hatte, trug allerdings nichts im Inneren von Gale bei. Sie war immer noch das Elend, was Will vor einem Jahr hinterlassen hatte.

Ausgerechnet heute hat sie ihren Fliederrock an, der nun völlig mit Kaffee bedeckt war. Der Rock, der das erste Kleidungsstück war, welches sie sich von dem Geld ihrer Mutter kaufte. Ein Symbol für ihren neuen Lebensabschnitt, ihren neuen Stil und ihr neues Inneres. Und genau diese Tasse ist es, die das Gefühl an ihr vorheriges Leben verstärkte. Heute, am Jahrestag.

(Fortsetzung folgt.)

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